schliessen

Tonhalle-Orchester Brennan/Alder

Eröffnungskonzert mit dem Tonhalle-Orchester Zürich

Die Stubete am See wird seit ihrer Gründung von der Tonhalle-Gesellschaft Zürich unterstützt. Nun wird diese Zusammenarbeit auch künstlerisch Wirklichkeit! Erstmals gestaltet das führende Schweizer Sinfonieorchester das Eröffnungskonzert der Stubete am See und präsentiert zwei aktuelle Werke mit starkem Bezug zur Schweizer Volkskultur. Was für ein fulminanter Start ins Festival 2018!

 

Programm

«Traumpfade» (The Tü-Da-Do-Songlines)

John Wolf Brennan (1954*)
Uraufführung

Eine postpostmoderne Highmattexkursion in 7x7 Variationen für (Oberton-)Stimme, Alphorn und Orchester

a) Melismagisch
b) Alpine Highmatt
c) Hymnisch
d) Flageolett-Obertonspringbrunnen
e) Flautando-Walzer
f) Kyrgarah-Tiefenrausch (Erinnerung an die submarine Herkunft der Alpen)
g) Glocal & Global Yodeling
h) Perkussiv
ij) Chüereiheli
k) Furioso
l) Echolot
m) Himmlisch-hymnisches Finale
n) Codadacadenza

Der Kompositionsauftrag wurde realisiert mit Unterstützung der UBS Kulturstiftung

«Die Sonnenseite des Klaviers»

Noldi Alder (*1953)
Suite für Klavier und Streichorchester

  1. Am Klavier (Der Spieler)
  2. Machet’s guet
  3. Minimum Moving (Nicht viel)
  4. Wiegenlied (Mal so, mal sowieso)
  5. À la Fellini (Der Filmer)
  6. Ehrenrunde (Die Unbesiegbare)
  7. Ewigkeit
  8. Wasserschlacht (Die Nassmacherin)

Besetzung

John Wolf Brennan: Komposition

Heimat scheint einerseits etwas Selbstverständliches zu sein – bei näherer Betrachtung entpuppt sie sich aber als Utopie. Der irisch-schweizerische Komponist John Wolf Brennan nimmt den Postauto-Dreiklang als klingende Ikone zum Ausgangspunkt für seine Komposition über musikalische Heimatklänge der Schweiz. Der Titel «Traumpfade» spielt auf einen Roman von Bruce Chatwin an («The Songlines», 1986). Zentrales Thema dieses poetischen Reiseberichts sind die traditionellen, überlieferten Lieder der australischen Ureinwohner. Chatwin erkennt diese Lieder als detailliertes Abbild der Landschaft und seiner Mythen und stellt einen direkten Bezug zwischen der Musik und der Umgebung her, in der diese entstand. Bereits 50 Jahre früher, anno 1936, zog der Schweizer Volksmusikforscher Alfred Leonz Gassmann ähnliche Schlüsse in seiner Untersuchung zur «Tonpsychologie des Schweizer Volksliedes»: Die Topographie der Landschaft spiegelt sich in der Volksmusik, die landscape in der soundscape. «Traumpfade» untersucht aber auch das Verhältnis von «Eigenem» und «Fremdem». In meiner Komposition verschmelzen traditionelle Klänge mit «fremden» musikalischen Einflüssen, so wie das Postauto Verbindungen stiftet und die Ferne näher bringt. Ein erster, sehr lyrischer Teil (mit viel Platz für Christians Obertonpirouetten-Akrobatik, im Wechselspiel mit Streicher-Flageoletts und Holzbläser-Slaptongues) geht über in einen kontrastierenden, rhythmisch prägnanten, tänzerisch-verspielten Alphorn-Vehtanz, gefolgt von einem Globaljodel (Naturjuuz)-Ausbruch rund um eine Alpenpassfahrt mit dem urschweizerischsten aller Motive, dem gelben Postauto.

Noldi Alder: Komposition

Noldi Alder, Preisträger des Schweizer Musikpreises 2018, stammt aus einer Volksmusikdynastie. Ebenso, wie er als Mensch mit der Natur verwachsen ist, sind es seine Kompositionen und seine Improvisationen. Egal, ob er an der Geige, am Hackbrett oder mit der Stimme experimentiert, besticht seine Musik mit ehrlicher und lebensfreudiger Phantasie. Für die Pianistin Susanne Bolt komponierte Alder die Suite für Klavier und Streichorchester «Die Sonnenseite des Klaviers». Das Werk besitzt eine Form und eine Besetzung, welche es bisher in dieser Art in der Schweizer Volksmusik noch nicht gegeben hat, und stellt somit eine absolute Neuheit dar. Die Suite lebt von der lebendigen Leichtigkeit der Volksmusik, dem melancholischen Tiefgang der Romantik und der Grenzenlosigkeit der Moderne.

Kevin Griffiths: Leitung

Der 1978 in London geborene und im Kanton Zürich wohnhafte Dirigent Kevin Griffiths ist seit der Saison 2011/12 Künstlerischer Leiter und Chefdirigent des Collegium Musicum Basel. Nachdem er unter anderem bei David Zinman in Aspen (USA) und bei Colin Metters an der Royal Academy of Music in London studiert hat, dirigierte er zahlreiche renommierte Orchester, darunter das Tonhalle Orchester Zürich, das Frankfurter Opern- und Museumsorchester, das Basler Symphonieorchester, das Musikkollegium Winterthur, das Orchestra della Radio Svizzera Italiana, das Luzerner Symphonieorchester, das Zürcher Kammerorchester und viele andere. Im Jahr 2010 gewann er den 2. Preis beim Internationalen Dirigentenwettbewerb «Sir Georg Solti». Unter anderem durch sein Engagement für Neue Musik erlangte Griffiths internationales Ansehen. Er ist Gründer des London Steve Reich Ensembles, das weltweit gastiert und dessen erste CD für CPO mit einem Diapason d’Or ausgezeichnet wurde. Seine zweite, vielbeachtete Aufnahme mit dem Ensemble wurde im September 2011 beim Label EMI Classics veröffentlicht.

Christian Zehnder: (Oberton-)Stimme, Globaljodel

Christian Zehnder studierte erst die Jazzgitarre, bevor er ein klassisches Gesangsstudium als Bariton abschloss (u.a. bei Raphael Laback). Weiterbildungen in Obertongesang bei Tokne Nonaka (J) und Körperstimmtechniken nach Alfred Wolfsohn bei Daniel Prieto (P) führten ihn zum freien, nonverbalen Singen und in seinen ganz individuellen Musikkosmos, welcher sich oft an den Schnittpunkten von Performance und Musiktheater bewegt. 1996 initiierte er zusammen mit dem Bläser Balthasar Streiff das international renommierte und zum Kultstatus avancierte Duo Stimmhorn, mit welchem er mehrfach ausgezeichnet wurde und zahlreiche CDs, Filme und Musiktheater realisierte. Konzerttouren durch die ganze Welt, Zusammenarbeit mit Huun-Hur-Tu, dem afrikanischen Obertonchor Xosa-Noquolnquo, Mercan Dede u.a.m.
Christian Zehnder arbeitet vielfältig zwischen Jazz, neuer alpiner und zeitgenössischer Musik und als Regisseur und Komponist für das Theater (Theater Basel, Salzburger Festspiele, Mannheim, Luzern, Gorki Theater Berlin u.a.). 2012 erschien seine Kreation «oops, wrong planet!» am Theater Basel. Durch die kontinuierliche Weiterentwicklung der europäischen Obertongesangstechniken gilt Zehnder in Fachkreisen unbestritten als einer der kreativsten und innovativsten Köpfe der Szene.

Arkady Sihlkloper: Alphorn, Horn

Arkady Shilkloper ist ein international gefeierter Waldhornist und Alphornist, dessen Kreativität keine Grenzen kennt. Ausgebildet am Moskauer Gnessin-Institut und später am Bolschoi tätig, ist Shilkloper heute in den großen Konzerthäusern weltweit zu Hause – im Jazz und in der Klassik. Seit 1995 ist er Mitglied des Quartett Pago Libre. Er arbeitete auch mit Vienna Art Orchestra, WDR Big Band, JazzBaltica Ensemble, Trio «Mauve», Louis Sclavis Ensemble und vielen mehr... Sihlkloper legte drei (im Overdubbing aufgenommene) Soloplatten vor (Hornology 1995, Pilatus 2001, Zum Gipfel und zurück 2007). Im Jahre 2004 spielte er die Uraufführung des Concerto for Alphorn and Orchestra von Daniel Schnyder, ein Auftragswerk des Menuhin Festivals in Gstaad. Seine Kontrolle des Horns und seine Kreativität als Bläser haben nach Leonard Feather einen neuen Standard gesetzt.

Susanne Bolt: Klavier

Die Ostschweizer Pianistin Susanne Bolt ist in Wildhaus aufgewachsen und erhielt ihren ersten Musikunterricht mit fünf Jahren an der Violine. Bereits in der Primarschulzeit entdeckte sie das Klavier für sich. Nach dem Lehrdiplom bei Adrian Oetiker an der Hochschule für Musik in Basel schloss sie das Konzertdiplom bei Eckart Heiligers an der Zürcher Hochschule der Künste erfolgreich ab. Susanne Bolt tritt solistisch und kammermusikalisch in verschiedenen Formationen und Stilrichtungen auf. Ihre Vielseitigkeit kann sie sowohl mit dem Klavier, als auch mit der Geige und der Stimme im Duo mit Noldi Alder zeigen. Sie ist Dozentin für Klavier an der Pädagogischen Hochschule St. Gallen.

Tonhalle-Orchester Zürich

Das Tonhalle-Orchester braucht in Zürich nicht vorgestellt zu werden. So schauen wir doch etwas zurück in die Geschichte des Orchesters, denn es feiert 2018 sein 150 jähriges Bestehen: Mitte des 19. Jahrhunderts wurde in Zürich der Ruf nach einem ständigen professionellen Orchester immer lauter. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten wurde 1862 ein erster Orchesterverein ins Leben gerufen. Nach dem Schweizerischen Musikfest 1867 in Zürich gelang es interessierten Kreisen, die Begeisterung für eine provisorische Spielstätte im alten Kornhaus auf dem Sechseläutenplatz zu nutzen, um diese alte Holzgebäude zu einem Konzertsaal umzubauen. Ebenso schnell wie heute in der Tonhalle Maag wurde der Saal umgebaut und konnte bereits 1868 eröffnet werden. Zum See hin gab es einen Pavillon, wo vor und nach den Konzerten Unterhaltungs- und Tanzmusik gespielt wurde. Diese Tradition wurde auch ab 1895 in der neuen Tonhalle (die jetzt gerade renoviert wird) weiter gepflegt, entweder im Foyer der Tonhalle oder im Pavillon im Garten. Unterhaltungsmusik gehörte damals ins feste Programm des Konzerthauses, gerade darum ist es der Stubete am See ein Anliegen, Volksmusik zurück in die Tonhalle zu bringen.